Advocatus diaboli
Ich halte es für möglich, dass wir vor bisher grössten Hausse der gesamten Börsengeschichte stehen. Argumente:
1) Es gibt keine Alternativen für Anlagen mit vergleichbar gutem Risiko-Rendite-Verhältnis. Entweder ist das Risiko noch viel höher als bei Aktien (Kryptos), oder die Renditen sind kläglich (Obligationen).
2) Es gibt in den relevanten Volkswirtschaften immer mehr potentielle Aktionäre, die zudem wegen der faktischen Unmöglichkeit das Geld auszugeben in der Summe viel freies Kapital zum Investieren haben. Man weiss beispielsweise, dass etwa ein Drittel der in den USA ausbezahlten Checks sofort an der Wallstreet investiert werden. Das war natürlich weder die Idee noch ist das normal, aber das ist in meinem Beitrag auch nicht die Frage. Auch auffällig sind die weiterhin sinkenden Gebühren für den Börsenhandel. Mancherorts bekommt man bald noch Geld heraus, wenn man handelt, ist inzwischen alles möglich.
3) Die Realwirtschaft könnte ab ungefähr Q4/21 eine Hochkonjunktur präparadiesischen Aussmasses starten. Es könnten die zweiten Roaring Twenties der Weltgeschichte ausbrechen. Das würde die Weltbörsen per se explodieren lassen.
4) Alle relevanten Notenbanken der Welt haben das Motto "volles Rohr". Es wird Liquidität in die Systeme gedonnert, als ob es kein Morgen gäbe. Davon bleibt viel in den Finanzmärkten hängen (die Gründe dazu sind komplex; Kurzfassung: Da die Notenbanken die Staaten [noch? SCNR] nicht direkt finanzieren dürfen, kaufen sie Anleihen, und dann sind Banken und damit der Finanzmarkt mit unfassbaren Liquiditätsmengen zugeballert, die sie wegen den Nicht- oder gar Negativzinsen möglichst rasch losmachen müssen, und dann geht's ab an die Börse).
5) In bedeutenden Volkswirtschaften werden gigantische Ausgabe-, Stimulierungs- und Infrastrukturprogramme geplant. Dabei wird geklotzt, nicht gekleckert. USA und EU könnten in nur zwei bis drei Jahren 3 bis 5 Billionen $ oder € dafür ausgeben, was enorme Effekte auslösen könnte (ein zweiter Marshallplan).
6) Zwar droht Inflation. Das ist normalerweise aktienfeindlich (aber obligationenfreundlich), weil dann in der normalen Welt die Zinsen steigen. Diesmal aber könnte es Inflation ohne Zinserhöhungen geben. Das ist deshalb nicht undenkbar, weil relevante Zinserhöhungen sofort zum Bankrott aller wichtigen Staaten und vieler Unternehmen (und Privaten) führt. Da diese Aussicht latent suboptimal ist, ist denkbar, dass die Notenbanken substantielle Zinserhöhungen mit jedem Mittel verhindern.
7) Es zeichnet sich ab, dass enorme technologische Veränderungen anstehen, etwa die Gesamtelektrifizierung des Verkehrs, Digitalisierung erheblicher Teile des Welthandels und vieler Dienstleistungen, Investitionen in rohstoffschonendere Produkte (und/oder Recycling) und anderes mehr. In Bereichen wie Pharma, Ernährung, Freizeit überholt ein Furz eh eine Mode den nächsten. Wann war das so? 192x... .
Leider sagt die Geschichte, dass nach dieser von mir halbernst in Aussicht gestellten Jahrhundertparty der Kater folgt. Klimakollaps? Manche Prognosen sprechen von drastischen Problemen ab Ende der 2020er. Keine Zivilisation hat bisher tief greifende und bleibende Klimaänderungen überlebt...
Der Text ist eine Diskussionsanregung, verzichtet auf Quellen und soll maximal zum Nachdenken anregen.
Lg X.